Mein Radiomoment: Morgens ist die Welt noch in Ordnung

Es ist morgens 06:15 Uhr –  alles ist noch dicht in Nebel verhüllt. Der erste Sonnenstrahl fällt fahl auf den Morgentau und: Ruhe, absolute Ruhe. Allein der Lerche Morgensang ist zu vernehmen.
Doch mit dieser verträumten Stimmung ist schnell Schluss. Der Wecker klingelt. Ich gehe ins Bad. Verschlafen sucht meine Hand den Schalter meines Radios und da dröhnt es mir entgegen:
„Eure Morningshow mit eurem M-M-M-Morgenheini vom Dienst! Was sind wir nicht putzfidel! Hahaha! Und hier die Verkehrsmeldungen.“
Diese übertriebene Fröhlichkeit, welche die Moderatoren ausstrahlen, sodass manch Geigerzähler Burnout bekommt. Gepaart mit diesen ekligen Muntermachersongs wie: Walking on Sunshine oder Pharrell Williams‘ Happy, die man mit Pech noch stundenlang im Ohr mit sich herumschleppt.
Der frühe Vogel da im Radio, der kann mich mal!

Versteht mich nicht falsch! Ich hör sehr gerne Radio am Morgen. Es ist sehr schön, mit ein wenig Musik wach zu werden, vielleicht sogar unter der Dusche dann schon mitzusingen. Es ist grandios, auf dem Klo schon einmal mitzubekommen, was so in der Welt abgeht. Und es ist toll, beim Zähneputzen  mit Hilfe des ein oder anderen Spruchs oder einer Info über die Trauer des soeben geraubten Schlafes hinweg zukommen.  Aber hey! Ich trauere noch! Einem, der trauert, haut man doch nicht im Sekundentakt schlechte Witze an den Hals!?
Und eines soll gesagt sein: Der deutsche Radiohumor ist manchmal echt zum Kotzen! Stefan Raab würde sich im Grabe umdrehen. Und so früh am Morgen kommen die schlechten Gags nicht gerade besser an, wenn man sich zu der Zeit mit der Tristesse des morgendlichen Daseins beschäftigen muss.

Wieso gibt es nicht mal eine Morningshow, die einen dort abholt, wo man sich gerade mental befindet? Eine Show, in der der Moderator nicht schon eine halbe Kanne Kaffee hinter sich hat und hibbelig ins Mikro krakeelt, sondern mit ruhiger gelassener Stimme zu mir spricht: “Guten Morgen, ich weiß, es ist zu früh, aber irgendwie stehen wir das hier schon durch! Und hier das Wetter.“

– Wilke Könken


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